Die Architektur in der Zeit des Projekts „Tempodacqua“
14. Februar 2020

Am Vorabend eines neuen Jahrzehnts voller Verantwortlichkeiten und Termine hatte die von Alfonso Femia kuratierte Veranstaltung die Aufgabe, die Welt der Architektur dazu zu bewegen, in Zeiten der Klimakrise geeignete Instrumente für die Gestaltung des Projekts „Tempodacqua“ auszuwählen. In dieser Ausgabe wollten wir hingegen die etwas andere und innovative Qualität eines Kulturprojekts erläutern, das sich mit einem unbequemen und dringlichen, aber vor allem notwendigen Thema befasst.
Da Casalgrande Padana sich seit langem der Herstellung von Keramik aus natürlichen Materialien in einem „geschlossenen Produktionskreislauf“ verschrieben hat, der die Fertigung von Produkten ermöglicht, die sowohl in Bezug auf die Herstellung als auch in Bezug auf die Lebensdauer äußerst geringe Auswirkungen auf die Umwelt haben, hat sich das Unternehmen dem Projekt „Tempodacqua“ mit dem präzisen Willen angeschlossen, beim Verständnis der Architektur in Zeiten des Klimawandels einen weiteren Schritt nach vorne zu machen. Wir haben uns entschlossen, die Veranstaltung nachzuvollziehen und wie in einem Zeichentrickbuch durch die einzelnen Tage zu blättern: Von den aufregenden Erinnerungen an die Republikanischen Arsenale mit der noch lackfrischen Ausstattung über den Moment einer überfüllten und extrem stark besuchten Eröffnung und die Sitzungen mit Debatten und Reflexionen bis hin zur Beteiligung der Studenten. Auf den folgenden Seiten erfahren sie mehr über die Protagonisten der internationalen Architektur, die Erfahrungen der „Wasserländer“, die Überlegungen der Intellektuellen und die neue Rolle der Architektur.
Die Tage der Planung
Um mit Wasser zu bauen, muss man seine Zeit erkennen: schnell oder langsam steuert „Tempodacqua“ das Architekturprojekt.
Über zwei der interessantesten auf der Biennale analysierten Aspekte wurde von Marteen Van Der Voorde, dem Direktor des holländischen Architekturbüros West8 in Brüssel, und von Javier Corvalàn, einem Architekten aus Paraguay, Gründer des Laboratorio de Arquitectura und Autor einer der Vatikanischen Kapellen auf der letzten Biennale der Architektur in Venedig, berichtet. Natur.
Es ist wichtig, dem Wasser Zeit zu geben, damit es sich ausdehnen und dann wieder ins Meer zurückkehren kann. Die ständige Anpassung und Nutzung ist eine vollkommen andere Projektstrategie als jene, die im säkularen Gedanken mit der Beständigkeit von Bauwerken verbunden ist. Auf diese Weise wird die Zeit, das andere Konzept, das das Thema der Biennale bestimmt, als Gestaltungsfaktor umrissen: Die klimatischen Aspekte sind zyklisch und das Erkennen der Auswirkungen über die Zeit ist für die Planung von grundlegender Bedeutung. Zyklizität ist Teil der Projektterminologie als eine wiederkehrende Konstante, die sich von Zeit zu Zeit unterschiedlich ausdrückt. Die Langsamkeit und Schnelligkeit von geomorphologischen Verhaltensweisen deuten genau auf die Notwendigkeit hin, durchlässige, transformierbare Planungshypothesen zu finden. Es gibt keine einheitliche Lösung mehr – wenn es sie überhaupt jemals gegeben hat – und auch nicht die Möglichkeit, alles für immer zu schützen. Wie Javier Corvalàn sagte, Paraguay ist ein kleines Land, das mehr geografisch als historisch geprägt ist und vor allem durch Wasser bestimmt wird, das mangelt oder überschwemmt. Der gestalterische Ansatz, zu unterstützen und auszugleichen, indem man die Vorhersagekapazität verbessert, kann ein neues Referenzparadigma für alle Architekturprojekte in den Zeiten des Klimawandels werden.
Die Tage des Nachdenkens
Kurzfristige Entscheidungen von Architekten in Bezug auf Regionen und Städte können die Entwicklung des Planeten beschleunigen oder den laufenden Prozess umkehren. Wenn ein dringlicher Handlungsbedarf besteht, ist es umso wichtiger, über die zu treffenden Entscheidungen gründlich nachzudenken (und sie umzusetzen).
Das Wasser ist ein Indikator für den Klimawandel. Steigende Ozeane und Wüstenbildung sind Prozesse, die bereits im Gange sind. Während aus technologischer und anlagentechnischer Sicht das Thema des Wasserprojekts dem Ingenieurswesen zuzurechnen ist, kann nur die Architektur mit ihrem Reichtum an historischer und kultureller Erfahrung gute regionale und städtebauliche Strategien entwickeln. Schutz, Verteidigung und Durchlässigkeit sowie die Variabilität der natürlichen und künstlichen territorialen Grenzen sind typische Themen der Architektur. Dazu kommt die Tatsache, dass es der durch den Klimawandel ausgelöste Drang zu Migrations- und Verstädterungsprozessen erforderlich macht, städtische Bereiche darauf vorzubereiten, die sich im Transit befindlichen Menschen aufzunehmen und zu integrieren. Im Fokus der Architektur liegt die Metamorphose, planungstechnisch den richtigen Moment abzupassen, um die Transformation nicht in Frustration enden zu lassen und unwirksam zu machen. Wie Ico Migliore (M+S Architects) sagte, funktionieren unsere Programme nicht, wenn wir nicht wissen, wie wir die richtige Zeit für die Architektur erkennen können, einfach weil all unsere Projekte bewohnt und daher an die Bedingungen dieser spezifischen Zeit angepasst werden müssen. Architekturen müssen in der Lage sein, sich zu ändern, sich vom formalen Aspekt zu lösen und auf den Aspekt des Prozesses zu konzentrieren.
Die Tage der Betrachtung
Künstlerische Betrachtungen des Projekts „Tempodacqua“. Wozu braucht man die Kunst beim Nachdenken über den Klimawandel?
Wie funktioniert Kunst? Mit Emotionen. Sowohl jenen, die die Qualität des künstlerischen Objekts weckt, als auch jenen, die durch die Sensibilität derer entstehen, die sich den Werken nähern. Dann werden die Emotionen verarbeitet und in Engagement und Handeln umgesetzt. Die Emotionen von „Tempodacqua“ sind mit Architektur verbunden, mit der Genauigkeit der Wissenschaft und Technologie, die für ihre Transformation erforderlich sind. Eine Kontaminierung, die zum Projektgedanken anregt: So die Zeichnungen im Sand von Tina Dessault, kurzfristige Visionen, die unmittelbar der Wirkung des Wassers ausgesetzt sind; die suggestiven Darstellungen von Leandro Erich, die Anmut der Kindheit, die die Wasseroberfläche beim ersten Anzeichen von Bewegung bändigt; die Gelassenheit der Fotografien von Marco Introini, der die Wasserstädte, die marinen Republiken voller Erinnerungen, in Bildern festgehalten hat, die die Angst vor der eigenen Zukunft offenbaren.
Die Tage des Handelns
Der Klimawandel hat tiefgreifende Auswirkungen auf den Wasserkreislauf und die Verfügbarkeit von Wasserressourcen. Die Umkehrung des Prozesses ist kein Thema sozialer oder kultureller Korrektheit oder wirtschaftlicher Gelegenheiten. Sie ist überlebensnotwendig.
Die veränderten Niederschläge führen zu einer Verschlechterung der Bodenqualität mit schwerwiegenden Folgen für die Landwirtschaft, wodurch sich das Nahrungsangebot verringert, insbesondere in Ländern, in denen bereits ein Risiko für Mangelernährung besteht. Aufgrund des steigenden Meeresspiegels kommt es in vielen Küstengebieten zu Erosionen, Überschwemmungen und Versalzung von Grundwasservorkommen. Die Wälder können immer weniger Kohlendioxid absorbieren, was zu einem weiteren Temperaturanstieg führt. Dadurch steigt die Häufigkeit von Überschwemmungen, Sturzfluten, Hitzewellen und Wirbelstürmen.
Um diesen Inhalt zu unterstreichen, sprach der Präsident des Nationalen Architektenrates, Giuseppe Cappochin, auf der Fuori Biennale von Genua, die den Städten am Wasser gewidmet war, und betonte dabei die Dringlichkeit, Änderungen in der Art und Weise der Architekturarbeit einzuführen und mit den von leeren Slogans beherrschten Hymnen – Regeneration, Kreislaufwirtschaft, Klimawandel und Nachhaltigkeit – aufzuhören und von Worten zu Taten zu wechseln.
Die Architektur verändert sich
Gute Absichten und Schuldgefühle reichen nicht aus, um die Architektur zu verändern. Was wir jetzt brauchen, ist eine Festlegung der Grenzen des Wandels.
Wasser ist der Bezugs- und Zielort, ein antiker Impuls, der für die Auswirkungen des Klimawandels zur Dringlichkeit wird. Die Architektur verändert sich, weil sich ihr „physischer Stütze“ aufgrund des Klimawechsels verändert. Es ist ein Zusammenspiel von Ursache und Wirkung, das ebenso offensichtlich wie dramatisch ist. Es ist nicht nur eine soziale Verantwortung des Planers, sondern eine unmittelbare Notwendigkeit, eine neue Art des Städtebaus und der Veränderung von Orten und Verbindungen zwischen ihnen zu entwickeln.
Tempodacqua nach Alfonso Femia
In einem eigenen Raum, einer Ausstellung innerhalb der Ausstellung, berichtete Alfonso Femia anhand von drei „Wasserprojekten“ – Adrar in der roten Wüste von Algerien, die Temporären Oasen in den fragilen Geografien der Welt und die Unterwasserstadt von Marseille – in grundlegenden Linien über die vom Architekturbüro AF517 entwickelten Forschungsprojekte: Starker technologischer Einsatz bei der Entwicklung eines Hydrauliksystems zum Sammeln und Fördern von Wasser nach Adrar; das Verhältnis zwischen Mensch und Natur in Extremsituationen mit der Installation der Temporären Oasen; die konzeptionelle Überschreitung der Grenze zwischen Meer und Stadt mit dem Projekt der Unterwasserstadt von Marseille. Unterschiedliche Maßstäbe und Regionen, Projekte mit spezifischer Identität, bei denen das Wasser als roter Faden dient.
Weitere Informationen finden Sie in der Sonderausgabe von Percorsi in Ceramica 41