von Sara Costi
„Ich habe mir das Paradies immer als eine Art Bibliothek vorgestellt“ sagte der Schriftsteller Jorge Luis Borges, und tatsächlich hat jeder zumindest einmal in seinem Leben zweifellos den subtilen Charme eines solch außergewöhnlichen Ortes erlebt. In Alberta, einer Provinz im Westen Kanadas, entstand ein Ort, der die wahre Existenzberechtigung einer Bibliothek mit einem Blick auf die Zukunft perfekt wiedergibt: die im November 2018 eröffnete und vom amerikanisch-norwegischen Architekturbüro Snøhetta und dem kanadischen Architekturbüro Dialog entworfene Öffentliche Bibliothek.
Die Gestaltungsentscheidungen führten zur Verwendung von Holzbalken und -säulen in einer Betonstruktur, die bewusst unverkleidet und unvollendet belassen wurde. Für die Bodenbeläge in den Lese- und Begegnungsbereichen wurden Feinsteinzeugplatten im Format 30x60 cm der Kollektion Cemento von Casalgrande Padana in der Farbgebung Grigio Rasato verwendet: Diese Wahl beruhte sowohl auf Gründen der Textur als auch der hohen technischen Leistungsfähigkeit der Platten, wie hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Fußgängerverkehr und Verschleiß, eine lange Lebensdauer und eine einfache Reinigung und Wartung.
In einer strategischen Position zwischen den Stadtteilen Downtown und East Village gelegen, umfasst die Öffentliche Bibliothek mehr als 450.000 Bücher und über 30 Begegnungsbereiche, darunter einen Theatersaal, ein Café, einen Außenbereich, einen für Kinder reservierten Bereich und ein Aufnahmestudio. 16.000 Bürger beteiligten sich mit Ideen und Anregungen zur Gestaltung und verwandelten den Bau dieses Gebäudes in eine wahre Agorá des Wissens, einen bedeutenden sozialen Treffpunkt, an dem es sich um Kultur, Ausbildung und Studium dreht, aber auch Momente des Stadtlebens und des sozialen Austauschs möglich sind.
Zur Begrüßung der Besucher wurde eine dynamische, dreifach verglaste Fassade aus einem sechseckigen modularen Modell und einem großen, mit westlichem rotem Zedernholz aus dem nahe gelegenen British Columbia verkleideten Bogen gestaltet. Aus der Zusammenstellung der Sechsecke entstehen Formen, die an ein offenes Buch oder eine Schneeflocke erinnern, eine Art visuelles Vokabular, das sich im Inneren des Gebäudes fortsetzt, in dem man robuste Holzbohlen bewundern kann, die sich spiralförmig 30 Meter in die Höhe winden und den Umfang des offenen ellipsenförmigen Atriums definieren.
Die Bibliothek ist in sechs Stockwerke unterteilt: Auf den unteren Ebenen befinden sich Räume für soziale Aktivitäten, während die oberen Ebenen den Bereichen für das Studium vorbehalten sind. In der obersten Etage befindet sich der eindrucksvolle Große Lesesaal, ein Raum, der vollständig dem Studium und der Inspiration gewidmet ist. Im nördlichsten Teil der Bibliothek kann man, wie in einer Art Bug, den Treffpunkt der beiden Stadtteile von einem Aussichtspunkt bewundern, von dem aus man die urbane Auswirkung des Gebäudes auf die Gemeinde von Calgary beobachten kann.
Mit über einer halben Million Besuchern in den ersten drei Monaten und 2019 von der New York Times als eine der „52 Sehenswürdigkeiten“ auserwählt, ist die Bibliothek von Calgary auch ein beliebtes Reiseziel für Touristen geworden.